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halb eines Jahres von der Sonne zugestrahlt erhält, reicht hin, um
einen die Erde rings umgebenden Eispanzer von anderthalb Haushöhe
(31 Meter) Dicke zu schmelzen. Aber nur der 2735 millionste Teil der
von der Sonne ausgestrahlten Gesamtenergie kommt unserer Erde zugute;
fehlte diese aber, so würde aus dem fruchtbaren Planeten mit feinem
tausendfachen Leben, seinen rauschenden Wäldern, seinen fruchtbaren Ebenen
ein toter, starrer Gesteinsball,- denn die mittlere Jahrestemperatur, die
jetzt für Europa 13 Grad Wärme betrügt, würde ohne Sonnenstrahlung
auf 73 Grad Külte sinken!
4. Man hat einmal versucht, die Kraft dieser mächtigen Weltleuchte
nach Pferdekräften anzugeben und ist da zu ungeheueren Zahlen gekommen.
Das wird uns verständlich, wenn wir bedenken, daß — von einigen ganz
speziellen Kraftäußerungen abgesehen — alle irdischen Kräfte der Sonnen-
energie entstammen; teils direkt, teils indirekt. Jedes Licht, das unsere
Räume erhellt, wenn die große Leuchte unter den Horizont gesunken ist,
jedes Feuer, das uns erwärmt, wenn im Winter ihre Strahlen uns nicht
kräftig genug treffen können, stammt dennoch von ihr. Der Holzspan,
mit dem der unzivilisierte Naturmensch seine Hütte erleuchtet, das Reisig,
mit dem er sein Lagerfeuer unterhält, stammt es nicht von Bäumen, die
einst im Strahl der Sonne wuchsen? Das Gas des modernen Groß-
städters, die Kohlen, mit denen er seine Häuser wärmt, und aus denen
er das Leuchtgas sog, sind es nicht umgewandelte Sonnenstrahlen? Wir
wissen, daß die Steinkohle Stein gewordenes Holz untergegangener Wälder
ist, die einst — vor Jahrmillionen — die Erde bedeckten und im Strahl
derselben Sonne grünten, die heute unser Korn reifen macht. Auch
die Braunkohle entstammt dem Pflanzenreich, und das Petroleum, jenes
seltsame Erdöl, entstand aus den Leibern von Milliarden untergegangener
Tiere, hauptsächlich Meeresbewohnern, die ebenfalls in grauer Vorzeit
durch die Sonne und das, was sie wachsen ließ, lebten. Den Spiritus
gewinnen wir wiederum ans der Pflanze, und das Wachslicht, dessen
trüber Schein unseren Vorfahren ein ideales Licht dünkte, entstammen
seine Teile nicht ebenfalls dem Tier- und Pflanzenreich? Die rußende
Tranlampe des Eskimo, kommt ihr Brennstoff nicht aus dem Tierkörper,
also indirekt aus der Sonnenkraft? Und unser elektrisches Licht? Die
Dampfmaschine treibt die Dynamomaschine, die die elektrische Energie ent-
wickelt; aber jene Dampfmaschine wird mit Steinkohlen angeheizt oder mit
anderen dem Tier- und Pflanzenreich entnommenen Stoffen! So führt
auch hier der vielgewundene Weg zur Sonne zurück, und Sonnenkraft
vergangener Jahrtausende ist es, die uns mit der Eisenbahn, mit dem
Dampfschiff über Länder und Meere treibt, uns im Fahrstuhl emporhebt,
den Dampfhammer wuchtig niederfallen läßt und Millionen Räder treibt.
— Sonnenlicht vergangener Zeiten blinzelt uns im Schein der Kerze, im
Kappey u. Koch, Deutsches Lesebuch für Mittelschulen. V. 21
TM Hauptwörter (50): [T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T19: [Wasser Luft Eisen Körper Silber Gold Kupfer Metall Stein Erde]]
TM Hauptwörter (100): [T6: [Eisen Gold Silber Kupfer Wasser Blei Metall Salz Kalk Stein], T81: [Sonne Erde Tag Mond Himmel Nacht Stern Zeit Licht Stunde], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T12: [Wasser Luft Erde Höhe Körper Fuß Dampf Bewegung Druck Gewicht]]
TM Hauptwörter (200): [T124: [Wasser Luft Sauerstoff Körper Stoff Kohlensäure Teil Feuer Pflanze Kalk], T12: [Wagen Wasser Stein Rad Fuß Maschine Pferd Bewegung Hand Schiff], T131: [Licht Erde Sonne Körper Auge Himmel Bild Gegenstand Luft Wolke], T164: [Sonne Erde Mond Tag Stern Planet Zeit Himmel Jahr Bewegung], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze]]
323
den Wasserfällen und im Wind verloren gehen, ins Joch der modernen
Großindustrie zu spannen. Hie und da beginnt man ja schon, Wasser-
kräfte zu nützen, und man hat berechnet, daß man mit der in den Wasser-
fällen Amerikas ruhenden Kraft alle Maschinen der Vereinigten Staaten
treiben könnte, ohne für einen Pfennig Kohle zu verbrennen. Hier liegen
noch ungeheuere Schätze, die dem Nationalwohlstande zugute kommen
könnten. Vielleicht wird man es noch einmal lernen, die Kraft des Windes
besser auszunützen, der ja zuweilen mit einem Druck von zehn Zentnern
ans den Quadratmeter Fläche wirkt. Gelänge es aber, das Sonnenfeuer
selbst zum Heizen der Kessel zu verwenden, wie es in der Tat seit einigen
Jahren auf einer Farm in Süd-Passadena geschieht, wo die Sonnen-
strahlen mit Hilfe eines Hohlspiegels gesammelt werden und auf einen
Kessel fallen, dessen Wasser sie erhitzen, — so wäre das Ideal der Aus-
nützung der Sonnenkraft erreicht. Dem Menschen ist nichts unmöglich,
und so wird er einst die Rosse des Sonnenwagens vor seine Maschinen
spannen und einen mächtigen Stern zu seinem Sklaven machen.
Bruno Bürgel.
213. Rätsel.
Es steht ein groß geräumig Haus
auf unsichtbaren Gäulen.
Ls mißt's und geht's kein Wandrer
aus,
und keiner darf drin weilen.
Aach einem unbegriffnen plan
ist es mit Aunst gezimmert.
Ls steckt sich selbst die Lampe
an,
die es mit Pracht durchschimmert.
Ls hat ein Dach, kristallenrein,
von einem einigen Ldelstein;
doch noch kein Auge schaute
den Meister, der es baute.
Friedrich von Schiller.
214. Hildesheim.
1. Der Ruhm Hildesheims ist besonders durch den Künstlerbischof
Bernward begründet worden, der um das Jahr 993 an die Spitze des
Bistums trat. Das Stift hatte unter den letzten schwachen Karolingern
und unter den ersten sächsischen Kaisern schwer von Normannen und
Ungarn zu leiden gehabt. Mord und Verwüstung waren über die geweihte
Stätte gekommen. Erst unter Otto I. begann der Kirchensprengel wieder
aufzuatmen. Alle andern sächsischen Kaiser sehen wir in Hildesheim weilen,
ja Otto Iii. war in der Domschule Bernwards Schüler. Dieser Bischof
hat vornehmlich dazu beigetragen, die Spuren der verderblichen Zeit aus-
zulöschen. Er hat in dreißigjähriger, unermüdlicher Tätigkeit Hildesheim
so weit emporgehoben, daß damals die ganze Christenheit von dem Ruhme
, 21*
TM Hauptwörter (50): [T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
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Extrahierte Personennamen: Bruno_Bürgel Friedrich_von_Schiller Friedrich Bernward Otto_I. Otto
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genug gestiegen, so öffnet der „Schmelzer" mit einer eisernen Stange
den mit Lehm verstrichenen Abzngskanal und läßt sie ablaufen. Wie
Wasser rinnt die glühende Masse hervor, wird aber später so hart, daß
sie sich vorzüglich znm Straßenbau eignet. Die ans der Schlacke ge-
formten Steine werden als Pflastersteine weithin verschickt.
Wenn das flüssige Eisen so weit gestiegen ist, daß es mit der Schlacke
ablaufen will, so öffnet man ihm am Grunde des Ofens den Weg. Der
Hochofen wird „abgestochen". Hni, wie fährt der Glntstrom heraus!
Fnnkensprühend wälzt er sich in den Sandrinnen fort, verteilt sich in
den Formen wie das Wasser in den Gräben der Rieselwiesen und steht
endlich rauchend still. Bei Tag und bei Nacht öffnet sich so alle vier
Stunden das Fenertor und speit jedesmal 600 Zentner Roheisen aus.
Aus der Jlseder Hütte sind stets drei Hochöfen in Tätigkeit. Sieben Jahre
muß ein Ofen arbeiten; dann werden seine mürbe gewordenen Wände
abgerissen, und ein neuer wird aus derselben Stelle errichtet.
Als Feuerung für die zahlreichen Maschinen des Hüttenwerks wird
nur Hochofengas verwandt, das man ja reichlich und umsonst hat; es
brennt unter den Kesseln der Dampfmaschinen und treibt auch die Gas-
motoren. Das Elektrizitätswerk liefert Licht und Kraft für die Hütte und
das Walzwerk in Peine.
Wenn das Roheisen erkaltet ist, schlagen es die Arbeiter in Stücke.
Das gelingt ihnen so leicht wie einst dem jungen Siegfried in der Wald-
schmiede, denn es ist spröde wie Glas. Es muß von Kohlenstoff und
Phosphor befreit werden, sonst kann es keine Lasten tragen, kein Schmied
kann's gebrauchen. Man schafft es deshalb nach dem Walzwerk, wo ihm
diese Stoffe entzogen werden.
5. Da gerade ein mit Roheisen beladener Zng, dem man einige
Personenwagen angehängt hat, abgehen soll, so fahren wir mit. Nach
einer Viertelstunde sind wir in Peine. Die hohen Schornsteine zeigen
an, wo das Walzwerk liegt. Es bildet mit seinen vielen Gebäuden eine
kleine Stadt für sich. In seinen Werkstätten werden etwa 2500 Arbeiter
beschäftigt. Wir besuchen zunächst die sogenannte „Thomashütte"; sie
hat ihren Namen von dem Engländer Thomas, weil hier nach seiner Weise
das Roheisen geläutert wird. Dasselbe wird in vier Ösen, die oben im
Gebäude stehen, wieder flüssig gemacht. Zur Aufnahme des geschmolzenen
Eisens hängt neben jedem Ofen in einem Gestell ein birnenförmiges Gefäß
von 3 m Durchmesser, es wird nach seinem Ersinder (Bessemer) Bessemer-
birne genannt. Ein Arbeiter schüttet etwas Kalk in dieselbe, und nun
kann der „Abstich" des Ofens beginnen. Zischend schießt der Glutstrom
durch eine Rinne in die Birne; es saust und braust in ihr, Millionen
glitzernder Metallfunken sprühen empor. Doch dies ist erst das Vorspiel.
Eine Glocke ertönt. Die Luftpumpen im Maschinenhanse setzen sich in
TM Hauptwörter (50): [T19: [Wasser Luft Eisen Körper Silber Gold Kupfer Metall Stein Erde], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
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Extrahierte Personennamen: Siegfried Siegfried Thomas
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eingreifen. Ein kalter Westwind mit kaltem Regen oder Tau kann die
ganze feindliche Armee bis auf den letzten Streiter über Nacht vertilgen,
fo daß nur noch ihre zahlreichen Leichname bezeugen, wer das arme Land
so schrecklich verwüstet hat. Ludwig Schneller.
237. In Benares, dem indischen Mekka, an der heiligsten
Stätte des Ganges.
1. Das größte Interesse in Benares bietet eine Fahrt auf dem
Ganges in Booten, hart am Ufer entlang. Hier entwickelt sich das Volks-
leben, und hier strömen die Tausende und Hunderttausende von hindosta-
nischen Pilgern zusammen (so wie in Mekka die Muhammedaner), um
im heiligen Ganges zu baden, von dem heiligen Wasser zu trinken und
einen Krug davon mit heim ins Haus zu bringeu, wo dieses Wasser das
vertritt, was in der katholischen Religion das Weihwasser bedeutet oder
versinnbildlicht. Ist dort das Wasser des Jordans besonders geheiligt, so
hier das Wasser des Ganges, aber nur das an der kurzen Userstrecke
unterhalb des Goldenen*) und der anderen Tempel; denn jenseits am
rechten Ufer geschöpft, oder weiter stromaufwärts und stromabwärts, ist es
nicht mehr dasselbe. Just nur an dieser kurzen Uferstrecke wird dem
Wasser heilige Kraft beigemessen. Hier zu sterben, dann sofort den toten
Leib in den Ganges, da wo er am heiligsten ist, legen und, noch triefend
vom geheiligten Wasser, auf dem Holzstoß verbrennen zu lassen, das bringt
dem Hindu das, was wir als die „Seligkeit", als das „ewige Leben" be-
zeichnen. Deswegen sehen wir auch hier eine ganze Anzahl größerer und
kleinerer Paläste, die noch bewohnbar sind und von ihren Besitzern be-
zogen werden, wenn infolge hohen Alters oder Krankheit der Tod voraus-
sichtlich nahe bevorsteht.
2. Da die Uferböschung auf dem heiligen linken Userrande eine ziem-
lich steile ist, sind längs der ganzen Stadt vom westlichen bis zum östlichen
Ende sozusagen Sockel von Granitstusen errichtet, die treppenartig fast bis
zum Grunde des Flusses hinabführen. Vom Wasser aus gesehen erscheint
Benares dadurch, als wäre es auf diesem Riesenpostament aufgebaut.
Diese in langer Reihe sich fortsetzenden, hochhinansührenden Steinstiegen,
die sogenannten „Ghäts", deren es nicht weniger als 47 gibt, dienen dazu,
die Gläubigen hinab in die Fluten des heiligen Flusses zu bringen. Jeder
Hindu, der in Benares lebt, und die Tausende und Abertausende von
Pilgern, die tagtäglich in der heiligsten Stadt ein- und ausgehen, lassen
*) Der Goldene Tempel, der dem Gotte Shima, dem Zerstörer und Wiedererzeuger,
geweiht ist, hat seinen Namen von den mit massiven Goldplatten gedeckten Kuppeln.
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T9: [Tempel Stadt Kirche Säule Zeit Gebäude Bau Mauer Haus Dom], T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer]]
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TM Hauptwörter (200): [T89: [Wasser Fluß Quelle Bach See Erde Boden Brunnen Land Ufer], T20: [Indus Stadt Ganges Gang Hauptstadt Land Siam Indien Fluß Strom], T48: [Christ Jerusalem Sultan Mekka Araber Land Jahr Stadt Mohammed Türke], T34: [Meer Wasser Land Küste Insel See Flut Fluß Tiefe Welle], T100: [Gott Herr Herz Wort Leben Hand Himmel Vater Kind Mensch]]
Extrahierte Personennamen: Ludwig_Schneller Ludwig
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werden. Das ängstliche Gefühl des Neulings ist bald überwunden, und
schnell und sicher geht die Fahrt „bergetief" hinab. Aber haben wir unten
eine fürchterliche Finsternis erwartet, die nur von dem Lämpchen des
Bergmanns matt erhellt wird, so sind wir angenehm enttäuscht, denn
unten erstrahlt alles im elektrischen Licht. Auf breiten Hellen Gängen
laufen die kleinen Grubenwagen, die das Salz zur Förderstelle schaffen.
Von den Hauptgängen zweigen sich andere ab, und bald besindet man sich
in einem Gewirr von Salzstraßen. Zwischen ihnen hat man überall
Salzpfeiler stehen lassen, um die Decke zu stützen; ja die Behörde schreibt
jetzt vor, daß die Hohlräume wieder ausgefüllt werden, damit nicht Erd-
senkungen und Einstürze erfolgen, wie das in Staßfurt geschehen ist. Das
Lossprengen des Salzes geschieht durch Sprengpulver und Dynamit, mit
Hilfe der elektrisch betriebenen Bohrmaschinen. Die Elektrizität spielt im
Bergbau überhaupt eine große Rolle, da sie über Tage erzeugt wird und
sich überall leicht hinleiten läßt. In Salzdetfurth wird nur die Förderung
im Schacht mit Dampf betrieben. Sind die Salze losgesprengt, so regen
sich auch schon viele Hände, um sie in Grubenwagen zu füllen und an
den Schachtfüllort zu befördern.
7. Nun sind wir schon eine geraume Zeit unten in der Erde und
wundern uns im stillen, daß uns die Luft, in der doch Hunderte von
Menschen rührig arbeiten, gar nicht stickig und verdorben vorkommen will,
auch nicht so heiß ist, wie man erwarten sollte. Woher kommt das?
Denk' dir einen Mann, der eine lange Pfeife raucht! Jedesmal, wenn er
saugt, steigt der Rauch unten aus dem Pseisenkopf durch das Rohr in
den Mund; von außen aber dringt Luft in den Pseisenkopf, wie du leicht
sehen kannst, wenn die Pfeife angezündet wird. Ähnlich ist es im Kali-
schacht. Den hat man durch eine senkrechte, luftdichte Holzwand, den
„Wetterscheider", in zwei ungleiche Teile geteilt. Der kleinere Teil ist
das Pfeifenrohr. An demselben saugt oben jemand, versteht sich, kein
Mensch, sondern eine große Maschine, die jede Sekunde große Mengen
verdorbener Lust, die „schlechten Wetter", aus dem Bergwerk zieht.
Sofort dringen durch den größeren Teil des Schachtes die „frischen
Wetter" ein, und der Bergmann kann 700 m unter Tage in frischer
Waldluft arbeiten; denn der Ingenieur weiß auch unten im Werk die
Wetter so zu leiten, daß sie an alle Arbeitsstätten kommen. Sind zwei
Schächte vorhanden, so ist die künstliche Bewetterung noch leichter.
8. Nachdem alles besichtigt ist, steigen wir wieder in ein Förder-
korb, und aufwärts geht's, dem Sonnenlichte entgegen, das wir doch auf-
atmend begrüßen. Wir treten nun in den Schachtturm und folgen dem
Lauf der kleinen Grubenwagen, um zu seheu, was mit den geförderten
Salzen geschieht. Auf einer Kettenbahn laufen sie geradeswegs in den
oberen Stock einer vierstöckigen Rohsalzmühle. Hier wird das Salz ge-
Kappey u. Koch. Deutsches Lesebuch für Mittelschulen. V. 22
TM Hauptwörter (50): [T19: [Wasser Luft Eisen Körper Silber Gold Kupfer Metall Stein Erde], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
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410
Unternehmer bei ihren Plänen, auch wenn sie noch so verrückt erschienen,
ruhig gewähren lassen. Der ganze Eindruck der Stadt wird dadurch
charakteristisch mitbestimmt und etwas geschaffen, was man nicht voreilig
aburteilen, sondern als etwas echt Amerikanisches ruhig hinnehmen und
danach beurteilen muß.
3. Unangenehm für das Auge sind diese Gebäude zunächst in keiner
Weise. Es liegt in ihnen etwas Überwältigendes, schon wegen der erstaun-
lichen technischen Kunststücke, die bei ihnen zur Anwendung gekommen
sind, und der Schnelligkeit, mit der sie ans der Erde wachsen. Kaum ist
das Todesurteil über die alte Baustelle gesprochen, so schrumpft sie auch
schon von oben nach unten zusammen und wird geräuschlos auseinander-
genommen, bis eine riesige Kluft entsteht. Dann wird der Erdboden in
gähnender Tiefe aufgewühlt und die Fundamentierung des neuen Gebäudes
geheimnisvoll fertiggestellt. Endlich wird eine Reihe von mächtigen
stählernen Platten, Schwellen und Stützen für die Ausführung des Erd-
geschosses ineinandergefügt und hierauf je nach der Zahl der Stockwerke
diese Arbeit so lange vorgenommen, bis die Höhe des Daches erreicht ist.
Man sieht zunächst nur eine größere Anzahl aus Stahl gebildeter, gleich-
mäßiger, in der Luft hängender Quadrate, die nicht ausgefüllt sind. Aber
schon keuchen die Maschinen, und die Elevatoren sind Tag und Nacht
damit beschäftigt, dicke Quadern von Granit oder Marmor emporzuschafsen,
wo sie in diese Vierecke eingesetzt werden. Dies geschieht nach unsern
Vorstellungen auf seltsame Weise. Man baut nicht etwa vorsichtig und
etagenweise von unten nach oben, sondern überspringt auf einmal ein
paar Stockwerke, die man vorläusig unausgeführt läßt, und setzt die Arbeit
darüber weiter fort, um das Versäumte später nachzuholen. Daß bei diesen
Experimenten auch einmal ein Unglück vorkommen kann, habe ich in Neu-
york selbst erlebt, wo eine solche zu einem Drittel ausgebaute Stahl-
konstruktion unter gewaltigem Krachen zusammenstürzte und Stücke von
dem zerbrochenen Gestein-den Nachbarn durch die Fenster auf den Frühstücks-
tisch flogen. Im allgemeinen geht die Sache aber gut ab, und nach einem
Jahre ladet der riesige Kasten bereits zahlungsfähige Leute ein, es sich
in ihm zum Geldverdienen im Geschäftsbureau Wohlergehen zu lassen.
4. Bei solcher Höhe, wie sie die amerikanischen Riesengebäude er-
reichen, ist natürlich nicht daran zu denken, daß man Treppen emporsteigt.
Sie sind überall da, und zum Teil, namentlich in den ersten Stockwerken,
mit Marmorwünden und Beleuchtungskörpern prächtig ausgeführt. Sie
dienen aber für gewöhnlich nur als Schmuck des Hauses und gewinnen
erst dann eine Bedeutung, wenn die Bewohner bei Feuersgefahr sich nicht
mehr durch die Lifts retten können, sondern nach anderen Auswegen
suchen. Auch die Dienstboten lassen die Treppen unberührt und benutzen
immer nur die Aufzüge, von denen in solchen Häusern zwölf bis zwanzig
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T19: [Wasser Luft Eisen Körper Silber Gold Kupfer Metall Stein Erde]]
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TM Hauptwörter (200): [T12: [Wagen Wasser Stein Rad Fuß Maschine Pferd Bewegung Hand Schiff], T0: [Kirche Haus Gebäude Stadt Straße Säule Platz Fenster Seite Palast], T52: [Arbeiter Arbeit Zeit Betrieb Jahr Fabrik Maschine Staat Preis Kapital], T125: [Haus Stein Fenster Dach Holz Stroh Winter Erde Wand Wohnung], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen]]
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Menschen täglich sich dort vorübergehend aufhalten und das Ganze in
einen kribbelnden Ameisenhaufen verwandeln.
7. Der größte Übelstand der „Wolkenkratzer" liegt darin, daß sie,
namentlich in den engen Straßen der untern Stadt, die Wohnungen in
unangenehmer Weise verdunkeln und man den ganzen Tag auf elektrisches
Licht angewiesen ist. So viel Komfort in den Bureaus auch herrscht,
bekommt man zunächst ein unwiderstehliches Verlangen nach Sonnenschein
und frischer Luft, bis auch diese zarteren Regungen in dem Einerlei des
Geschüftslebens unterdrückt werden. Eugen Zabel.
242. Iin861'6 Togoneger als Ackerbauer.
1. Wer in Togo weilt, wird bald erfahren, daß unsere Schwarzen
recht fleißige und sorgsame Ackerbauer sind. Zwar haben sie keine
landwirtschaftlichen Maschinen, selbst Egge und Pflug sind ihnen
unbekannt. Sie arbeiten nur mit der Hacke. Deshalb müssen sie,
namentlich bei Anlage neuer Felder, sehr tapfer zugreifen und un-
ermüdlich schaffen, um den wilden Busch zu roden und die Erde
für die Aussaat vorzubereiten. Ist das Gestrüpp gar zu dicht, so
legt man Feuer daran und läßt es abbrennen. Die Asche gibt dann
noch einen wertvollen Dünger ab. Mit Beginn der Regenzeit ist
das Land so weit geklärt und gelockert, daß die erste Einsaat erfolgen
kann. Diese wird im März und April dem Boden anvertraut, und
zwar pflanzt man jetzt Bohnen, Erdnüsse und Erderbsen, süße Kar-
toffeln, Pfeffer und mehrere Sorten Zwiebeln. In der Ebene kommen
noch Jams und Mais hinzu, die beide nicht vor April ausgepflanzt
werden. Die zweite Einsaat beschränkt sich auf Reis und ein ge-
ringeres Knollengewächs, die Kassada. Sie geht im Mai und Juni
vor sich und dauert zuweilen bis in den August, damit die kleine
Regenzeit sofort ihre befruchtende Wirkung auszuüben vermag.
2. Von größter Bedeutung ist jedenfalls der Anbau des Jams.
Der Bauer hackt im März auf seinem Felde in Abständen von
1 — 11/2 m etwa fußhohe Erdhäufchen zusammen, in die er gegen
Ende April je eine kleine Saatknolle steckt. Nach wenigen Wochen
treibt die Knolle eine Ranke, die sich an einer Stange hinaufwindet.
Bei fruchtbarer Witterung liefert ein Jamsstock zwei, auch drei
Knollen, die in der letzten Septemberwoche ausgewachsen, aber noch
nicht reif sind. An Gewicht erreichen diese durchschnittlich acht
bis zehn Kilogramm; in ihrer Gestalt gleichen sie einer Riesengurke.
Nun wird im ganzen Lande, soweit es heidnisch ist, das Jamsfest
gefeiert, bei dem unter Trommeln, Tanzen, Singen und Schmausen
dem Schutzgeist der Felder einige Stückchen Jams dargebracht wer-
TM Hauptwörter (50): [T0: [Blatt Baum Pflanze Blüte Frucht Wurzel Blume Erde Zweig Stengel], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T15: [Wein Getreide Baumwolle Tabak Kaffee Obst Weizen Reis Zucker Kartoffel]]
TM Hauptwörter (100): [T11: [Wein Getreide Boden Viehzucht Weizen Land Pferd Obst Kartoffel Ackerbau], T54: [Haus Feld Bauer Dorf Pferd Stadt Vieh Land Wald Mensch], T32: [Tag Jahr Monat Mai Juli März Juni April Ende Oktober], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T12: [Wasser Luft Erde Höhe Körper Fuß Dampf Bewegung Druck Gewicht]]
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Extrahierte Personennamen: Eugen_Zabel Eugen August
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gegengeschritten. Er kannte sie wohl, den hohen, ernsten Vater und die
Mutter, die liebe Mutter, die Brüder und das blonde Schwesterlcin —
o er hätte mit offenen Armen auf sie losstürzen, hätte aufjauchzen mögen,
wenn er allein gewesen wäre, allein ans der endlosen Heide.
Es waren die Geister der Heimat, die den Wanderer umfingen, die
Wnnderkraft der Heimkehr aus der Fremde, die ihn so mächtig ergriff,
daß ihm das Herz davon voll war hier auf der Heide.
Julius Wolfs.
223. Lüneburg.
Unter den deutschen Städten der Gegenwart spielt Lüneburg mit noch
nicht 30 000 Einwohnern nur eine bescheidene Rolle. Wer aber offenen
Auges und Sinnes die Straßen dieser alten Stadt durchwandert, der stößt
auf Schritt und Tritt auf die Spuren einer großen, ja stolzen Vergangen-
heit. Massige, oft 4—500 Jahre alte Backsteinbauten mit weiten Höfen
und geräumigen, hohen Hausfluren recken ihre stilvollen, eigenartig
geschmückten Treppengiebel so trotzig in die Höhe, als ob sie für die
Ewigkeit gebaut wären. Kunstschätze allerersten Ranges in den drei schönen
alten Kirchen und besonders in dem prächtigen Rathaus zeugen von dem
Kunstsinn und dem Reichtum längst vergangener Geschlechter.
Und die Quelle dieser einstigen Größe? Das ist die Salzquelle, die
im Südwesten der Stadt am Fuße des Kalkberges seit undenklichen Zeiten
sprudelt und jahraus, jahrein reiche Schätze dem Schoße der Erde entreißt.
Seit Jahrtausenden nagt das Wasser an den ungeheuren Steinsalzlagern
und wäscht und spült große Höhlungen hinein, die nicht selten Ein-
stürzungen in der Stadt und ihrer nächsten Umgebung veranlassen. Im
Jahre 1013 senkte sich ein weites Gebiet nördlich von der Quelle so stark,
daß sich ein großer Teich bildete, an den noch heute der Straßenname
„Am Meerd" erinnert. Wann und von wem die Quelle entdeckt wurde,
das meldet kein Buch, aber die Sage erzählt davon folgendes: Vor vielen
hundert Jahren, als in der Gegend, wo heute Lüneburg steht, noch eitel
Wald und Sumpf war, folgten zwei Jäger einst den Spuren eines Wild-
schweines. Auf einer Lichtung erblickten sie das Tier, das sich wohlig in
einer Pfütze herumwälzte, sich dann auf eine trockene Stelle legte und
einschlief. Wie nun die Sonne auf die San herniederbraunte, gewannen
deren schwarzbraune Borsten eine gar schöne, schneeweiße Farbe. Leise
schlichen die Jäger hinan, erlegten mit ihren Spießen das Tier und ge-
wahrten nun, daß die Borsten mit Salzkristallen über und über bedeckt
waren. So war die später so berühmte Quelle entdeckt. Das ist nun
zwar eine Sage, und die Schinkenknochen, die noch heute in einem Glas-
kasten im Rathaus den Fremden gezeigt werden, rühren von einem anderen
Schwein her, das später die sogenannte neue Sülze entdeckt haben soll; aber
sicher ist, daß schon in der heidnischen Vorzeit die Quelle benutzt wurde.
TM Hauptwörter (50): [T3: [Stadt Schloß Straße Berlin Kirche Haus Gebäude Platz Garten Universität], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T76: [Stadt Straße Haus Schloß Kirche Gebäude Mauer Platz Garten Dorf], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod], T12: [Wasser Luft Erde Höhe Körper Fuß Dampf Bewegung Druck Gewicht], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann]]
TM Hauptwörter (200): [T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T0: [Kirche Haus Gebäude Stadt Straße Säule Platz Fenster Seite Palast], T89: [Wasser Fluß Quelle Bach See Erde Boden Brunnen Land Ufer], T51: [Kind Himmel Nacht Sonne Tag Gott Wald Baum Blume Feld], T13: [Baum Wald Feld Wiese Garten Gras Winter Mensch Sommer Haus]]
419
fíe geduldig so lange, bis es eben Butter gab. Später hatte ich es
mit der Hünersdorfschen Buttermaschine und dem Butterfaß bequemer.
Das Unangenehmste bei der Sache war aber, daß ich diese Art Arbeiten
niemals meinen Bambusen überlassen konnte. Sie leckten und naschten
so lange daran herum, bis alles leer war.
In dieser Butterkalamität lernte ich gar bald das Hammelschwanz-
sett schätzen. Die Hammel bei uns drüben haben prachtvoll fette
Schwänze. Sofort nach dem Schlachten ward mir der Schwanz ge-
bracht. Dieser wurde abgezogen, zerhackt und geschmort. Das ab-
geschöpfte Fett war sehr ergiebig und schmeckte, aufs Brot geschmiert,
gut. Ich benutzte es zum raffiniertesten Kuchen- und Tortenbacken
und habe stets unendlich bedauert, daß ein Hammel immer nur einen
Schwanz hatte.
5. Nun die Getränke! Das Wasser auf Okombahe war das
Gruudwasser des Omaruru-Riviers. Es wurde entweder in Eimern
auf dem Kopfe herbeigetragen oder geschöpft und ins Wasserfeiki, ein
kleines Faß, geschüttet. War das Füßchen voll, so wurde es, nachdem
das Spundloch mit Gras oder Zeug verschlossen war, vermittels
Ochsenriemen, die an beiden Böden festgenagelt waren, nach Hause ge-
rollt. Unsere Hauptgetränke bildeten dünner Tee, Kaffee und Milch,
letztere meist in Form von Omeire. Omeire ist das Nationalgetränk
der Hereros, fehlt aber auch niemals auf der Tafel der alteingesesseneu
Ansiedler. Auch ich hatte zuerst einen gewissen Widerwillen dagegen
zu überwinden. Sie wirkt berauschend und verursacht zuerst ein un-
angenehmes Gefühl der Völle. Hat man sich erst daran gewöhnt, so
entbehrt man sie ungern. Nur muß man sich hüten, sie vor dem Reiten
oder während desselben zu trinken. Dann liegt sie einem wie Blei
im Magen. Bier oder Wein besaßen wir selten, wohl aber einen
tadellosen Hennessy.
Es ist entschieden ein ausgezeichnetes Gesetz, daß ohne von der
Regierung ausgestellten Erlaubnisschein den Kafsern keine Spirituosen
verabfolgt werden dürfen. Man ist ganz unsäglichen Betteleien aus-
gesetzt, denen man sich aber mit Hinweis auf das Verbot der Regierung
mit Erfolg entziehen kann.
6. Schon gleich zu Anfang unseres Aufenthaltes kaufte mein
Mann eine Herde Ziegen und Kühe und verschaffte sich andauernd
Vieh, um sobald als möglich einen guten Grundstock für die zu-
künftige Farm zu bekommen. Das Kleinvieh, Ziegen und Schafe,
tauschte er meist von den Bergdamaras ein, während er das Großvieh
durch die Hereros empfing. Zu diesem Zwecke hielt er sich oft länger
als einen Monat unter den Hereros auf.
In seiner Abwesenheit war ich meist in großer Not mit der
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Nun donnerten auch die Kanonen von einer Anhöhe hinter uns
über unsere Köpfe weg. Da wurde es drüben etwas stiller. Und da
kam auch schon der Ruf: „Sprungweise vor!“ Wir sprangen auf
und stürzten vor; aber eine entsetzliche Kugelsaat prasselte gegen
uns an — und warfen uns wieder hin. Schräg vor mir hatte ein
Unteroffizier eine Kugel in den Leib bekommen; das Blut strömte
sofort mit Gewalt aus der Wunde, er kauerte und versuchte, es mit
seinem Taschentuche zu hemmen und rief laut um Hilfe. Von
drüben im Busch schossen sie mit wildem Eifer und schrien vor Wut.
Wir kamen nicht vorwärts. Ich weiß nicht, wie lange wir so
lagen und schossen. Es sind wohl Stunden gewesen. Ich wunderte
mich einmal, daß sich kein Offizier bei uns sehen ließ, und vergaß
es wieder. Der Schweiß rann mir wie Wasser über den ganzen
Körper. Nicht meine Zunge, mein Hals, mein ganzer Körper schrie
nach einem Schluck kühlen Wassers. Seitwärts .versuchte ein
Lazarettgehilfe einem Verwundeten einen Gummischlauch um den
stark blutenden Schenkel zu legen. Der Verwundete bat in süd-
deutscher Mundart: „Bring mi ein bißle zurück; kannscht das?“ Da
schleppte der ihn keuchend zurück. Das Feuer drüben wurde
schwächer. Eine Stimme befahl: „Langsamer feuern!“ Von drüben
her klang es heiser und höhnisch nachäffend: „Langsamer feuern!“
Ein Verwundeter rief laut und ängstlich nach Wasser.
Wir lagen, Gewehr im Anschlag, und warteten. Von rechts
her ging es von Mund zu Mund: „Der Hauptmann ist tot. Der
Oberleutnant auch. Alle Offiziere . . . Und fast alle Unteroffiziere.“
Ich nahm mit der linken Hand meine Feldflasche, während ich das
Gewehr aufliegen ließ, und nahm den kleinen Schluck, den ich für die
höchste Not aufgespart hatte. Als ich die Flasche absetzte, dachte
ich, daß dies vielleicht mein letzter Trunk gewesen wäre, und < A oe
auch an meine Eltern. Ich dachte auch, daß der Feind ein venig
Luft holen und gleich im Sturme vordringen würde. Aber es ge schab
nichts. Da kam ein Oberleutnant, der zum Stabe gehörte, ge uckt
unsere Reihe entlang. Als er hinter mir war, kniete er da, t■ p|
auf meinen Stiefel und sagte: „Gehen Sie zum General und mebh
Sie, daß wir nach meiner Schätzung etwa ein Kilometer von «.
letzten Wasserlöchern sind.“
4. Ich hob mich vorsichtig in die Knie und lief gebückt zu-
rück und kam auf den Weg. An einem Termitenhaufen, der wohl
drei Meter hoch war, mühte sich ein Arzt und ein Lazarettgehilfe,
einen Verwundeten vor dem Verbluten zu G&diütizeärp-inflliuglaube
aber, daß sie zu spät kamen: er lag wie ein Tmeu'äuf seia!£r roten
dunkeln Decke. Dann sah ich den Ballon “Mlcfet1' Weit voi mir.
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Kappey u. Koch. Deutsches Lesebuch für Mittelschulen. V. '35 , 1 ,
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TM Hauptwörter (50): [T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
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